Montag, 25. Februar 2019

Rezi - Darktown von Thomas Mullen

Lucius Boggs und Tommy Smith gehören zu den
ersten dunkelhäutigen Polizisten in Atlanta kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Damit einher geht die rassistische Grundstimmung, die beiden und ihre sechs dunkelhäutigen Kollegen müssen mit viel Anfeindung, in der Außenwelt und im Police Department, und ebenso körperlicher Gewalt klar kommen. In diesem Setting geschieht ein Mord an einer dunkelhäutigen jungen Frau, und wie in dieser Zeit üblich, scheren sich die weißen Polizisten wenig um eine ermordete Schwarze, das sei ja schließlich nicht selten, „in dieser Rasse“. Boggs und Smith hingegen wollen herausfinden, wer die Frau ist, was passiert ist und wer Schuld hat, und machen sich auf eigene Faust daran, den Mord aufzuklären. Damit begeben sie sich in größte Gefahr, schließlich sind sie nur Officers und dürfen nicht die Aufgaben eines Detectives übernehmen – auch wenn sich die Detectives nicht um den Fall kümmern. Ein Kriminalroman in einer von Segregation und von den damit einhergehenden Folgen geprägten Welt, mit historischem Input, das ist, was Thomas Mullen hier geschaffen hat.


Der Roman fesselt. Der Rassismus, der den Protagonisten und generell allen vorkommenden Dunkelhäutigen entgegen gebracht wird, die Gewalt und die Ungerechtigkeit, haben das Buch an manchen Stellen schwer erträglich gemacht. Aber genau dieses flaue Gefühl im Magen soll provoziert werden, weil es in der Geschichte – auch heute gibt es natürlich leider noch Rassismus, auch wenn er manchmal mehr überwunden scheint denn je - nun mal so passiert ist. Das Setting ist in dem Sinn also sehr realitätsnah, wenn auch dadurch grausam. Atlanta und die Lebenswelt dort kann man sich dank der Beschreibungen in dem Buch sehr gut vorstellen. Vor diesem Hintergrund passiert der Kriminalfall, der Mord an dem dunkelhäutigen Mädchen. Das Aufklären mit Hindernissen zieht sich bis kurz vor Schluss, auch wenn mir die präsentierte Lösung ein wenig zu vorhersehbar war, wenn auch gut gestaltet. Thomas Mullen hat nämlich die Protagonisten die Lösung schon wissen lassen, ohne dass der Leser erfahren hat, worum es geht, dieser hat es dann erst einige Seiten später im Gespräch der Protagonisten erfahren, was die Spannung auf die Gesamtlösung stark gesteigert hat. Boggs, Smith und der weiße Cop Rake waren auf ihre Weise geeignete Protagonisten, auch wenn mir manche Handlungen zu impulsiv oder auch naiv erschienen sind, wie z.B. als Smith auf einen Drogenhändler losgeht und dadurch auch nicht besser ist als die verhassten Gewalt anwendenden weißen Polizisten, oder Rake sich ohne irgendwem Bescheid zu geben, nachts mit einem Informanten trifft. Mit Rake konnte man sich aber ganz gut identifizieren, auch wenn er mir zu wenig den Mund aufgemacht hat, um sich gegen seinen brutalen und ungerechten älteren Partner durchzusetzen. Seine Charakterentwicklung war hingegen sehr interessant.  

Der Schreibstil war alles in allem flüssig und fesselnd, auch wenn manche Stellen, wie bereits erwähnt, aufgrund der Brutalität schwer erträglich waren. Die fast 500 Seiten sind aber trotzdem relativ schnell gelesen. Erst gewöhnen musste ich mich an die Sprache, weil ich die Begrifflichkeit "Farbiger" einfach nicht mag - bevorzugt hätte ich Schwarz (groß geschrieben und nicht als Adjektiv gewertet) oder Dunkelhäutig. Auch Negroes/Nigger fand ich gewöhnungsbedürftig im Slang der weißen Polizisten. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau.
Das Buch behandelt ein wahnsinnig wichtiges Thema und sollte uns daran erinnern, auch in der heutigen Zeit, wenn die vom Staat ausgehende Segregation schon längst überwunden scheint, gegen jeglichen Rassismus aufzustehen und diskriminierten Menschen beizustehen.
Von mir erhält dieser spannende, wichtige und an vielen Stellen düstere Krimi 8/10 Punkte.

Titel: Darktown
Autor: Thomas Mullen
Verlag: Dumont
Preis: 24,00€

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