Dienstag, 9. August 2016

Rezi/Booktalk zu Harry Potter and the Cursed Child (J.K.Rowling)



Ganz zu Beginn: Ich bin ein riesiger Harry Potter Fan, Harry Potter war meine Kindheit, und ist auch irgendwie noch meine Gegenwart. Ich war unteranderem in der Warner Bros. Studio Tour in London, habe allein Harry Potter und die Heiligtümer des Todes siebzehnmal gelesen und bin von einer Drehlocation in Schottland zur anderen gedüst, auf den Spuren dieser unglaublich guten Geschichte. Und habe hingefiebert auf den Erscheinungstag des achten Bandes, der Nachfolge von den Büchern um meinen Kindheitshelden. Doch ich wurde bitter enttäuscht. 


Ich hatte wahnsinnig hohe Erwartungen an diese neue Version, die Geschichte, wie es mit meinen Idolen weitergeht. Grundsätzlich sei gesagt: Joanne K. Rowling hatte nie vor, eine Fortsetzung in dem Sinne zu schreiben, und das ist Harry Potter and the Cursed Child auch nicht. Es ist ein Skript zu einem Theaterstück, das Anfang August in London Premiere hatte, was heißt, das Buch besteht aus Dialogen und einigen wenigen Regieanweisungen. J.K. Rowling hat das Skript zu diesem Theaterstück auch nicht alleine geschrieben, sondern gemeinsam mit zwei theater- und drehbucherfahrenen Menschen, John Tiffany und Jack Thorne. Das Stück ist in zwei Teile aufgeteilt, diese in jeweils vier Akte und diese in mehrere Szenen. Das Stück an sich, die auf die Bühne gebrachte Version, hat überwiegend gute bis begeisterte Kritiken bekommen, was wohl an den Specialeffekten und dem bombastischen Bühnenbild liegt (was mich auch total begeistert hat, es war ein Bild in der Süddeutschen Zeitung). Ich habe, entgegen anderer Kritikstimmen nichts gegen die Hautfarbe der Schauspielerin der Hermine, die im Gegensatz zu Emma Watson dunkelhäutig ist, aber wenigstens den Weasleys hätten sie meiner Meinung nach die Haare rot tönen oder färben müssen. Das zur allgemeinen Kritik und Information vorne weg.
 
(Eigentlich sind keine großen Spoiler enthalten, aber wer wirklich gar nichts zur weiteren Handlung wissen möchte, überspringt bitte diesen Absatz)

Es geht um Harry, der mit 39 langsam in die Jahre kommt, die tragenden Protagonisten sind allerdings Harrys Sohn Albus Severus und Draco Malfoys Sohn Scorpius. Die beiden Hauptcharaktere sind – im Gegensatz zu ihren Vätern – gut befreundet. Die Geschichte beginnt dort, wo der letzte Harry Potter Band aufgehört hat, nämlich 19 Jahre nach der Schlacht von Hogwarts, auf dem Gleis 9¾, wo Ginny und Harry ihre Söhne James und Albus ins für den jüngeren Albus erste Jahr in Hogwarts verabschieden. Albus freundet sich mit Scorpius an, und nachdem freundlicherweise die ersten drei Schuljahre auf die merkwürdigste Art übersprungen werden, befinden wir uns im vierten Hogwartsjahr der beiden. Die Geschichte spielt so gut wie nicht in Hogwarts (den wunderschönen, magische Schulalltag habe ich total vermisst), es gibt verdammt viele Zeitsprünge, wobei Zeitspringen auch eigentlich das Hauptthema des ganzen Stückes ist, darum geht es nämlich die ganze Zeit. Grundsätzlich sind nämlich alle Zeitumkehrer (ja, die kleinen lustigen, goldenen Dinger, die Hermine im dritten Buch benutzt, um alle Unterrichtsstunden belegen zu können, und die so gut wie jeder Booktuber als Halskette hat) zerstört worden, da wohl einiges schiefgegangen ist. Einer ist jedoch Gerüchten zufolge übriggeblieben, und diesen versuchen die Jungs zu finden, um mit ihrer neuen Freundin Delphi Diggory, der Nichte von Amos Diggory (Vater von Cedric), in die Vergangenheit zum Trimagischen Turnier zu reisen, um Cedrics tragischen Tod am Ende von Band 4 zu verhindern. Ganz davon abgesehen, dass die Zeitreisen teilweise sehr fehlerhaft sind, sehe ich den Sinn nicht so ganz, warum sich jetzt Scorpius und Albus dafür einsetzen, Cedric zu retten, aber das nur so am Rande.

Ich bin einfach nur enttäuscht. Ich habe mich so auf eine „Fortsetzung“ gefreut, und jetzt ist das Ganze seine 29 Euro, die ich dafür bezahlt habe, irgendwie nicht wert. Grundsätzlich lese ich gerne Theaterskripte, ich spiele selber Theater und deshalb war Harry Potter and the Cursed Child für mich auch nicht das erste Skript, dass ich je gelesen habe. Dennoch habe ich ein "Paar" Kritikpunkte anzubringen. Ich bin mit Albus gar nicht warm geworden, er ist verdammt launisch und zickig, und genau deswegen ist mir auch Harry immer unsympathischer geworden, da er Albus schlecht behandelt hat, bzw. ihm teilweise sehr verletzende Dinge an den Kopf geworfen hat. Ginny ist nach wie vor leider eine relativ unwichtige Nebenperson, Hermines Dialogteile sind meiner Meinung nach nicht mehr Hermine, nicht das, was Hermine sagen würde, Ron ist total unwichtig und wird zumindest im Skript als leicht dümmlich dargestellt, und er sagt auch hin und wieder mal etwas sehr Flaches. Von der außergewöhnlichen Freundschaft des goldenen Trios, die die Harry Potter Bücher und Filme geprägt hat, merkt man kaum mehr etwas. Draco Malfoy ist tatsächlich der einzige Charakter, für den meine Sympathie im Laufe des Stückes gestiegen ist. Ach ja, und die Trolley Witch, also die Imbisshexe aus dem Hogwartsexpress, hat meine Kindheit zerstört, aber darauf will ich nicht näher eingehen, wer das Buch gelesen hat, weiß ganz genau, was ich meine. Sonst hat für mich persönlich, vor allem im ersten Teil, die ganze Magie, die wir sonst aus dem Harry Potter Universum kennen und lieben, gefehlt, es hatte außer den Personen einfach nichts mehr mit Harry Potter zu tun. Gefühlt auf Seite 150 kommt das erste Mal ein Zauberspruch vor. Beim Lesen der Regieanweisungen habe ich (als Theatermensch) mich des Öfteren gefragt, wie sowas bitte umgesetzt wird, wenn da von Vielsafttrank und Verwandlungen die Rede ist, von epischen Duellen und von dem rasanten Szenen- und Locationwechsel mal ganz abgesehen. 

Alles in allem wirkt Harry Potter and the Cursed Child eher wie eine Fanfiction, die man auch auf Wattpad oder fanfiction.net hätte finden können. Das Finale ist, bis auf den fraglichen Sinn der allgemeinen Handlung im ganzen Stück, wieder gut gelungen und wirklich spannend, was ich wirklich erstaunlich fand, weil einen epischen Kampf in Dialoge und ein ganz paar Regieanweisungen zu bringen, so dass der Skriptleser – und nicht der Theaterbesucher – sich so gut in die Geschehnisse einfühlen kann, ist schon eine Meisterleistung. Trotzdem ist Harry Potter and the Cursed Child für mich keine Fortsetzung meiner geliebten Heptalogie und ich bleibe für mich als Ende bei dem schönen Satz „Alles war gut“ am Ende des 19-Jahre-später-Teils zum Abschluss des siebten Bands.

Von mir bekommt dieses Buch/Skript/ (was auch immer, jedenfalls nicht Harry Potter 8) 5/10 Punkte.

Titel: Harry Potter and the Cursed Child (Harry Potter und das Verwunschene Kind)
Autor: J.K.Rowling, John Tiffany und Jack Thorne
Verlag: Little Brown Book Group
Preis: 19.99€ (aber unterschiedlich, da keine Buchpreisbindung)
Erschienen: Englisch 03.08.16, Deutsch 24.09.16
Seiten: 343
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