Montag, 24. Dezember 2018

Rezi - Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe von Joyce Carol Oates

Das letzte Schuljahr steht für Merissa, Tink und Nadia bevor. Während Merissas Zukunft rosig aussieht, sie ist beliebt und ehrgeizig, schreibt in jedem Fach Bestnoten und hat den Studienplatz schon sicher, ist Tink dagegen rebellisch, lässt sich weder von Lehrern noch von Eltern oder Mitschülern etwas sagen. Die schüchterne Nadia bewundert im Stillen Tinks Selbstbewusstsein. Sie selbst kann sich gegen Angriffe und Mobbing nicht zur Wehr setzen, vor allem, da sie sich für viel zu dick hält. Dass alle drei Mädchen mit den gleichen Ohnmachtsgefühlen kämpfen, hätte niemand gedacht. Ein Jugendbuch über Familie, Freundschaft und das Erwachsenwerden zwischen Internetmobbing und Selbstzweifeln. 

Joyce Carol Oates beleuchtet in ihrem ersten Jugendbuch viele Seiten des Erwachsenwerdens. Suizid, Mobbing, Zukunfts- und Versagensängste, Depressionen, Selbstverletzung und Trennungen der Eltern sind nur einige auftauchende Aspekte.
Diese werden aber nun mal nicht besonders neutral veranschaulicht, sondern sehr detailliert beschrieben und von den Protagonistinnen erlebt. Ich habe zwei Jahre gebraucht, um dieses Buch nach dem ersten Anlauf wieder in die Hand zu nehmen, da es einige Szenen beinhaltet, die definitiv als Trigger fungieren können. Sollte man also irgendwelche Erfahrungen in Richtung Depression, Selbstverletzung oder Suizid haben, sollte man die Finger davon lassen.
Neben diesem für manche eventuell negativem Aspekt, schreibt Joyce Carol Oates unfassbar intensiv, man fühlt sehr mit den Protagonistinnen mit.
Merissa, Tink und Nadia könnten unterschiedlicher nicht sein, und trotzdem haben sie alle mit ihren Dämonen zu kämpfen und zeigen eindrücklich verschiedene Aspekte des Erwachsenwerdens in unterschiedlichen Charakteren auf.
Die Geschichte ist in drei große Teilbereiche aufgeteilt, wodurch jede der Hauptfiguren zu Wort kommt und ihre eigene Sicht der Dinge und ihre Erfahrungen durch einen personalen Erzähler schildert. Es gibt immer wieder Rückblenden, was auf der einen Seite zwar immer etwas Orientierung fordert und vermeintlich kompliziert wirkt, auf der anderen Seite aber auch Abwechslung und Spannung einbaut.
Das Buch war mal etwas anderes, wenn auch in meinen Augen ohne klares Fazit, bzw. klare Aussage, nur, dass jede und jeder, wie unterschiedlich man auch ist, mit psychischen Problemen zu kämpfen hat (– auch wenn mich das Ende sehr verwirrt hat). Die Botschaft, dass das okay ist, und dass Depression und andere Erkrankungen jeden treffen können, hat mir aber so ein bisschen gefehlt, besonders, dass man sich Hilfe holen kann, darf und soll, keine von den Mädchen lässt sich helfen. Eine Anlaufstelle für betroffene Leser im Nachwort oder im Buch selber hat gefehlt, da hätte schon was stehen können.
Also hier von mir einmal die kostenlose Nummer der Telefonseelsorge: 0800/1110111 – ihr seid nicht allein und es ist völlig okay, sich Hilfe zu holen.

Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe‘ bekommt von mir 6/10 Punkte, ist aber für psychisch stabile Menschen, die gerne über das Erwachsenwerden lesen, definitiv eine Empfehlung, denn in dieser Thematik ist das Buch wirklich gut.

Titel: Zwei oder drei Dinge, die ich dir nicht erzählt habe
Autor: Joyce Carol Oates
Verlag: dtv/Hanser
Preis: 9,95€

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