Samstag, 28. September 2024

„Sie stehen nicht auf der Liste“: Sätze, die ein Leben verändert haben (Amonte Schröder-Jürss)

 Amonte Schröder-Jürss ist Journalistin und hat Geschichten gesammelt. Geschichten, die auf einem Satz beruhen, der ein ganzes Leben verändert hat. Tragische Erlebnisse reihen sich ein neben schönen, traumatische neben lustig-sympathischen. Ein spannendes Konzept, bei dem es ein bisschen an der Umsetzung hakt.

Die Geschichten sind auf maximal 6-8 Seiten erzählt, wie ein Blick durch ein Schlüsselloch in ein anderes Leben. 

Einige Geschichten haben mich tief berührt oder auch beeindruckt, bei anderen hatte ich das Gefühl, dass die eher selbstdarstellerisch sind und - wie passend - der Name einer eigenen Publikation, Errungenschaft oder ähnlichem subtil eingeflochten wird. Ich bin mir auch unsicher, was ich davon halten soll, dass hier die Geschichten einer Holocaust-Überlebenden oder eines Kriegsfotografen neben denen des Erfinders der Schlümpfe oder eines Kochs, der Kochbücher geklaut hat (no front, ich liebe Max Strohe sehr), steht. Auf der einen Seite nimmt das den schweren Geschichten eine gewisse Ernsthaftigkeit, und auf der anderen Seite braucht es die lockeren Geschichten vielleicht auch, um dieses Buch zu ertragen. Und außerdem zeigt es, wie vielfältig Leben und Erleben sind.

Besonders beeindruckt haben mich die Geschichten von Margot Friedländer, einer Holocaust-Überlebenden, Georgine Kellermann, die als trans Frau Mitte 60 endlich zu sich selber gefunden hat und wichtige Aussagen zum Erstarken von Rechtsextremismus trifft, und die des polnischen Kriegsfotografen Wojciech Grzedziński, der vor allem aus der Ukraine berichtet. Ich habe mir dann auch die Bilder von Letzterem angesehen und bin, wie immer wieder, wenn ich gute Fotografie sehe, schwer beeindruckt, wie viel Gefühl Bilder rüberbringen können.

Ich persönlich konnte weniger mit den Geschichten der anonymen Privatpersonen anfangen, aber dafür eben umso mehr mit den meisten der in irgendeiner Weise bekannteren Personen.

Außerdem erschließt sich mir durch den Disclaimer am Ende nicht ganz, inwiefern einzelne Geschichten einfach aus anderen Medien übernommen wurden. Da hätte ich mir eine klarere Kennzeichnung gewünscht, welche Geschichten aus tatsächlichen Gesprächen stammen und welche auch durch die Herausgeberin (oder eben Autorin?) verändert wurden - da eigentlich alle Geschichten vom Sprachstil her auch immer wieder nach Transkription klingen.


Insgesamt ein sehr spannendes Konzept, die Idee des Buches gefällt mir wahnsinnig gut und das schreit ja auch nur nach einer Fortsetzung, mit weiteren Menschen, die ihre Geschichte und lebensverändernde Sätze erzählen möchten.

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