Sonntag, 17. November 2024

Wenn wir wie Sterne leuchten (Peyton Thomas)

Finch ist 17 und möchte unbedingt ans College nach Washington DC, da er es sich damit bessere Chancen ausrechnet, seinen Traum, der erste trans Kongressabgeordnete zu werden, erfüllen zu können. Durch die finanzielle Situation seiner Familie ist es ihm allerdings nur möglich, wenn er durch den Gewinn der nationalen Debattiermeisterschaften (das ist in den USA ein Ding) eine Chance auf ein Stipendium und die Aufnahme an der Traum-Uni bekommt. Als er dann plötzlich gegen Transrechte, und damit gegen seine eigene Existenz, debattieren muss, stellt sich die Frage, ob die eigenen Überzeugungen oder der seit Jahren gehegte Traum wichtiger sind. Und kann man sich in seinen Debattierpartner verlieben, wenn man doch eigentlich nur auf Mädchen steht?

Die trans Repräsentation hat mich natürlich schon gecatcht, als ich den Blurb gelesen habe, trans Repräsentation in Jugendbüchern gibt es noch viel zu wenig, erst recht als erzählender Hauptcharakter. Politisch bzw. aktivistisch gab es richtig gute Takes, zusammen mit einem wahnsinnig flüssigen Schreibstil und einer guten Übersetzung (also, außer der Part, als genderfluid mit gender flüssig übersetzt wurde, LG, eine genderfluid Person, aber ich fands schon auch ein bisschen lustig), das Lesen hat mir wirklich Spaß gemacht. Die trans Repräsentation, die auch aus dem Leben des Autors genährt wird (was ich irgendwie auch wichtig fand in diesem Fall), war so gut und so gefühlvoll, dass auch ich als genderqueerer Mensch ganz viel davon direkt im Herzen gespürt und mitgelitten habe. Es gab unzählige popkulturelle Anspielungen, die auch echt gut eingesetzt waren - ich habe den Seitenhieb gegen Riverdale geliebt und gleichzeitig sehr related beim Crush auf Cole Sprouse/Jughead Jones - und auch grundsätzlich war das doch sehr ernste, hoch emotionale und völlig unnötig politisierte Thema dadurch irgendwie gut aufgelockert. 

Ich hätte mir einen etwas tieferen Einblick bzw. in irgendeiner Form einen abschließenden Ausblick auf die Armutssituation gewünscht, da die ja doch als sehr einschneidend beschrieben wurde. Das war letztlich nicht der Fokus des Buchs, aber das hätte es vielleicht noch minimal runder gemacht.

Die Liebesgeschichte war mir etwas zu flach, aber die ist meiner Meinung nach auch gar nicht das Wichtigste in dem Buch, daher finde ich es ein bisschen schade, dass das Buch als Romance beworben wird. Bailey fand ich schon anstrengend bevor er problematische Takes vom Stapel gelassen hat, und trotzdem fand ich den schnellen Umschwung in Jonahs Gefühlen ein bisschen unglaubwürdig. Auch direkt ein "Ich liebe dich" rauszuhauen? Ich weiß nicht, die Protas sind 17. Dafür waren Jonahs Aussagen bzgl. Finchs Unsicherheit wegen seines Körpers wieder richtig gut und wunderbar liebevoll. Insgesamt ist das einfach ein wirklich gutes Coming of Age Buch, das wichtige gesellschaftliche Themen behandelt, und trotzdem klassische Bereiche wie Selbstfindung und wie wichtig Freundschaften sind, Bedeutung gibt.

Das Buch ist ursprünglich auf Englisch erschienen, weshalb ich das auch auf meinem größtenteils englischsprachigen Bookstagram anpreisen wollte und mich schon gefreut habe, mal wieder ein Reziexemplar vorstellen zu können, das auch für meine größtenteils englischsprachige Followerschaft geeignet ist. Allerdings sind die Rezensionen auf Goodreads für das Original teilweise richtig negativ, und weisen auf definitiv anzuprangernde Probleme hin. Die Kontrahentin sei reich und jüdisch, wird wohl stereotypisch antisemitisch beschrieben und dazu noch als haarig und männlich beschrieben, der weiße Protagonist erklärt den POC Nebencharakteren Rassismus und so weiter. Alles Sachen, die mir definitiv aufgefallen wären, wenn sie in der Übersetzung noch vorgekommen wären - ich gehe also stark davon aus, dass in der Übersetzung - oder eventuell auch innerhalb einer neueren Fassung der englischen Version - einige Dinge verändert wurden. Und das meine ich überaus positiv, möchte damit aber eben darauf hinweisen, dass ich das deutsche Buch zwar wärmstens empfehlen kann, das englische mit meinem derzeitigen Wissensstand aber eher nicht.

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